Wohin mit der Vollmacht?

Vorsicht vor kommerziellen Verwahrangeboten!

Wie wichtig es ist, „in gesunden Tagen“ Vorsorge für den Fall der Geschäftsunfähigkeit
zu treffen, ist inzwischen bekannt. Doch nicht jeder, der zum Thema Vorsorge informiert und berät,
hat ausschließlich die Bedürfnisse
der Bürgerinnen und Bürger im Sinn.

Fragwürdige Geschäftsmodelle kommerzieller Verwahrunternehmen

Die steigende Bedeutung von General- und Vorsorgevollmachten sowie
Patientenverfügungen im alltäglichen Leben hat auch dazu geführt, dass Einzelne
aus der Privatwirtschaft hier ein lukratives Geschäftsfeld für sich entdeckt haben:
Privatunternehmen werben mitunter mit der vermeintlich sicheren, treuhänderischen
Verwahrung der Originalvollmachten und Patientenverfügungen sowie dem
weltweiten sofortigen Zugriff auf die digitalisierten Kopien – selbstverständlich gegen
ein nicht unerhebliches Entgelt. „Vorsicht!“, warnt Tim Hofmann, Geschäftsführer der
Notarkammer Sachsen. „Geben Bevollmächtigte Originaldokumente aus der Hand,
ist die sofortige Handlungsfähigkeit im Vorsorgefall gefährdet.“ So ist beispielsweise
die Kündigung eines Mietvertrages durch Bevollmächtigte unwirksam, wenn die
Vollmachtsurkunde nicht im Original oder in Ausfertigung vorgelegt werden kann und
der Vermieter oder die Vermieterin die Kündigung aus diesem Grund unverzüglich
zurückweist.
Auch bei einer Patientenverfügung können Probleme auftreten. Sie bedarf zu ihrer
Wirksamkeit der Schriftform, muss also eigenhändig unterschrieben sein.
Grundsätzlich ist zwar auch die elektronische Form möglich. Technisch bedarf es

dann aber einer besonderen qualifizierten elektronischen Signatur. Die Unterschrift mit einem
elektronischen Stift auf einem Tablet reicht ebenso wenig aus wie digitale Kopien von
Papierurkunden. Die beworbene weltweite Zugriffsmöglichkeit auf digitalisierte Papierdokumente
bietet Bürgerinnen und Bürgern keinen Mehrwert gegenüber einem selbst erstellten Scan, der sie
wesentlich günstiger käme. Da bei einfachen Kopien – seien es digitale oder analoge – keine Gewähr
dafür besteht, dass die Vollmacht oder Patientenverfügung nicht zwischenzeitlich widerrufen und die
Originale vernichtet wurden, werden sie im Rechtsverkehr zu Recht nicht akzeptiert.

Im Ernstfall bedeutet dies: Nach der Einlieferung in ein Krankenhaus fragen Ärztinnen oder Ärzte
häufig nach Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung. Die Angehörigen wissen zwar von deren
Existenz. Wurden die Dokumente jedoch bei einem Privatunternehmen in Verwahrung gegeben, sind die
Originale nicht sofort verfügbar. Angehörige müssen in der Notsituation unter Hochdruck alle Hebel
in Bewegung setzen, um schnellstmöglich an das Originaldokument zu gelangen. Gewonnen haben
Bürgerinnen und Bürger dadurch nichts. Im Gegenteil: Sie zahlen
obendrein noch gutes Geld.

Sofortige Handlungsfähigkeit und sichere Aufbewahrung des Originals gibt es ohne Zusatzkosten bei Notarinnen und Notaren!

Vorteile bietet die notariell beurkundete General- und Vorsorgevollmacht, wenn gewünscht mit
Patientenverfügung. Die Originalurkunde wird von der Notarin bzw. dem Notar ohne Zusatzkosten in
die Urkundensammlung genommen und dort über Jahrzehnte sicher aufbewahrt. Worin der Unterschied zur
kommerziellen Verwahrung liegt, erläutert Hofmann: ,,Vollmachtgeberinnen und Vollmachtgeber bzw.
deren Vertrauenspersonen erhalten nach Errichtung der notariellen Urkunde von dieser sogenannte
Ausfertigungen. Eine Ausfertigung stellt keine bloße Kopie dar, sondern ist im Rechtsverkehr wie
das Originaldokument zu behandeln. Somit können mehrere ,Originale‘ produziert werden“. Durch
Vorlage einer Ausfertigung können eine Bevollmächtigung oder die Erklärungen in einer
Patientenverfügung
rechtssicher und zuverlässig nachgewiesen werden.

Ein weiterer großer Vorteil gegenüber privatschriftlichen oder rein
unterschriftsbeglaubigten Vollmachten: ,,Bei Verlust besteht die Möglichkeit, nachträglich
weitere Ausfertigungen bei der verwahrenden Notarin oder dem verwahrenden Notar zu
beantragen. Auf Wunsch des Vollmachtgebers kann Notarinnen und Notaren sogar die Befugnis
eingeräumt werden, unter genau festgelegten Bedingungen Ausfertigungen direkt an die
Bevollmächtigten auszuhändigen“, weiß Hofmann. So lassen sich sofortige Handlungsfähigkeit in
akuten Notsituationen, Ersatz bei Verlust und sichere Aufbewahrung ohne Zusatzkosten
miteinander vereinen. Bei der nicht beurkundeten Vollmacht oder Patientenverfügung ist es bei einem
Verlust oder einer Zerstörung hingegen nicht möglich, Ersatz zu bekommen, vielmehr ist eine
Neuerrichtung nötig. Das ist aber
nicht möglich, wenn der oder die Erklärende nicht mehr geschäftsfähig ist.

Registrierung im Zentralen Vorsorgeregister ist ein Muss

Wichtig ist nach Errichtung einer Vorsorgevollmacht und/oder einer Patientenverfügung auch,
dass diese beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer (www.vorsorgeregister.de)
registriert wird. Damit können im Notfall Betreuungsgericht und behandelnde Ärztinnen und
Ärzte schnell und zuverlässig in Erfahrung bringen, ob es eine Vorsorgevollmacht oder
Patientenverfügung gibt und mit den registrierten Vertrauenspersonen in Kontakt
treten.
Mehr Informationen und Bildmaterial zu diesem Thema und zu weiteren Themen finden Sie auf der
Internetseite des Medienverbunds der Notarkammern unter
www.medienverbund-notarkammern.de.

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